Monatsarchiv für Mai 2010

Wachstum in der Krise: Deutschlands erstes Genossenschaftsgasthaus

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Hohe Qualität zieht viele Besucher an

Vier Jahre dauerte es, bis im Januar 2010 die badische Gemeinde Bollschweil um ihren Bürgermeister Josef Schweizer Deutschlands erstes Genossenschaftsgasthaus eröffnen konnte. Das Bolando geriet bereits nach wenigen Monaten zum Hit: Längst muß man in der einst menschenleeren Dorfmitte einen Parkplatz suchen.
Wir untersuchten die monetäre Auswirkung und verglichen die konventionelle Berechnung des Projektes mit unseren Berechnungsansätzen. So sieht das Projekt konventionell aus:
Grundstückskauf und Erschliessung durch Gemeine Bollschweil: 450.000.-  Euro
Investitionen Genossenschaft:                                                                      300.000.- Euro
8000 ehrenamtliche Stunden à 30.-                                                           240.000.- Euro
Investitionssumme                                                                                            990.000.-  Euro
Jahresumsatz (Soll)                                                                                            500.000.- Euro
Die Gemeinde hat das Gasthaus auf Erbpacht abgegeben, was die noch niedrigen Zinskosten der Kommune erwirtschaftet. Man rechnet mit etwa 5 Vollzeitstellen, regionalem Einkauf (Brot, Fleisch, Gemüse, Wein) und Synergieeffekten, da das Gasthaus gleichzeitig Versammlungssaal ist.
Die 230 Genossenschaftsmitglieder (Schweizer hat selbst 3 Anteile gezeichnet) der Gemeinde mit 1970 Einwohnern, darunter 450 Minibürger unter 18!, repräsentieren mit Familie, Freunden und Kollegen bereits die für den wirtschaftlichen Betrieb notwendige Basis.
160520101349Aber all das würde nichts helfen, wenn im Bolando der Weisswein warm, das Bier abgestanden, das Brot schlecht wären. Selbst gastronomische Fachleute im verwöhnten Markgräfler Land zwischen Freiburg und Basel tun sich sehr schwer, Qualität zu leisten und kontinuierlich zu erhalten.
Wir konnten uns an einem Sonntagnachmittag anhand des Regionalgerichtes „Elsässer Wurstsalat“ mit Brot und einem Sauvignon Blanc davon überzeugen, dass alle Bestandteile von höchster Qualität waren.
Ausreichend Küchen- und Servicepersonal sorgten dafür, dass das Gasthauskonzept „Essen und Trinken wann man will“ aufgeht, das allein vermag, eine Frequenz zu erzeugen.

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Unscheinbar von außen, innen elegant

Bürgermeister Schweizer: „Seit das Bolando hier ist, ist der Orstkern viel belebter. Das merken auch andere Gewerbe.“ Nicht alle Bürger waren für das Gemeindeengagement. Noch immer, so Schweizer, seien etwa 30 Prozent skeptisch. Der entscheidende Erfolgsfaktor liegt aber nicht nur im erfolgreichen Bestehen gegen private Mitbewerber: „Wir müssen bereit sein, unser Geld in der eigenen Gemeinde zu lassen.“, stellt Schweizer fest.
Von außen sieht das Gebäude eher aus, wie ein umgebauter Supermarkt. Im Innenraum verblüfft es durch gekonnte Details unter Verwendung von Naturstein, Stahl, Glas und Eiche.

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Boden: Eiche massiv. Stühle: Eiche massiv. Tische: Eiche massiv.

Unsere Berechnung (verkürzte Zusammenfassung) geht davon aus, dass gegenwärtig 600 Wohnobjekte in Bollschweil stehen (1000 Haushalte), die – nach Rücksprache mit der Immobilienabteilung der Sparkasse-Staufen-Breisach (Bilanzsumme 2009: 1,05 Mrd. Euro) einen Marktwert von je Euro 270.000.- haben. Sie repräsentieren damit einen Gesamtwert von 160 Mio Euro.
Für die meisten Besitzer ist die Immobilie eine Altersvorsorge, von der diese eine Rendite erwarten. Zwar erwirbt auch die Gemeinde Bollschweil Grundstücke für Einheimische, aber letztlich hängen die erzielten Preise von den Immobilien-, Arbeits- und Zinsmärkten ab.
Je größer nun durch elektronische Medien und gleitende Arbeitszeit die Ortsunabhängigkeit wird, desto größer ist der Einfluß der einst als „weichen“ Faktoren bezeichneten Größen wie Sozial- und Kulturleben, belebter öffentlicher (Erlebnis)Raum und persönliches Glücksempfinden.

Josef Schweizer

Bürgermeister Josef Schweizer

Nicht nur Letzteres hat sich in Bollschweil erhöht: Durch die geringere Umschlagsgeschwindigkeit der Bestandsimmobilien (weniger Wegzüge, mehr Interesse an Zuzügen und Familienerweiterung) rechnen wir damit, dass Ende 2010, also ein Jahr nach Eröffnung des Bolando, der Wertzuwachs der Einzelimmobillien zwischen 2,5 und 4,5% liegen wird – und dies bei insgesamt sinkendem Bruttosozialprodukt, sinkendem Realeinkommen und erhöhter Arbeitslosigkeit im Landkreis Freiburg-Hochschwarzwald.
Bereits bei einem mittleren Zuwachs von 2,5 Prozent hätten die Bollschweiler einen Vermögenszuwachs von 4 Mio Euro zu verzeichnen, das Zwölffache der investierten Genossenschaftsmittel. Willy Baur von  der Sparkasse Staufen-Breisach, selbst erfahrener Vorstand vieler Vereine, gibt allerdings zu bedenken: „Es ist zu fragen, ob sich nach diesem ersten Boom das ehrenamtliche Engagement auch hält.“
Was nach unserer Untersuchung bleibt, ist die Frage, ob und wie insbesondere die Immobilienmärkte durch bürgerschaftliches Engagement beeinflusst werden.

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Kommentare deaktiviert für Wachstum in der Krise: Deutschlands erstes Genossenschaftsgasthaus

admin am 17. Mai 2010 in Allgemein